Erweiterte Herstellerverantwortung in Frankreich

AUSSENWIRTSCHAFT
 
 
Bild: © Jorono – pixabay.com
 
Erweiterte Herstellerverantwortung in Frankreich
03.01.2024
Noch bevor in Brüssel das letzte Wort über den Digitalen Produktpass gesprochen ist, führt Frankreich ein verpflichtendes elektronisches Produktdatenblatt ein.

Das französische Anti-Abfall-Gesetz Loi AGEC (Decree 2022-748 vom 29. April 2022) verlangt Angaben zur Recyclingfähigkeit und weiteren Umweltaspekten für alle Produkte, die der Erweiterten Herstellerverantwortung unterliegen. Zudem verpflichtet das Gesetz alle Unternehmen, die bei einen französischen Herstellerzusammenschluss Mitglied sind, zur Erstellung und Umsetzung eines Abfallpräventions- und Ökodesign-Plans.

 

Triman-Kennzeichnung war nur der Anfang. Jetzt kommt das Produktdatenblatt.

Die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Verpackungen mit dem Triman-Logo gibt es bereits seit 2015. Durch das AGEC-Gesetz wurde die Triman-Kennzeichnung um verpflichtende Hinweise zur Getrenntsammlung nach EPR-Bereichen erweitert. Die betrifft neben Haushaltsverpackungen u. a. auch Textilwaren.. 

Wer denkt, mit der Triman-Kennzeichnung zur Getrenntentsorgung von Textilien und Verpackungen seien die nationalen EPR-Pflichten in Frankreich bereits erledigt, irrt leider. Seit Anfang 2023 greift durch das AGEC-Gesetz eine Informationspflicht für alle Inverkehrbringer, wenn auch zunächst nur die großen Player. Die Verpflichtung wird bis 2025 schrittweise ausgedehnt. Der Ausweis von Umwelteigenschaften erfolgt über ein elektronisches Produktblatt, das dem Kunden beim Kauf zur Verfügung gestellt werden muss. Bei Textilien sind auch Angaben zu den Herstellungsländern von Stoff, Veredelung und Konfektion zu machen.

Das Produktdatenblatt gilt als eine Art Vorgriff auf den von der EU angestrebten Digitalen Produktpass.

 

Welche Produkte sind betroffen?

Die Informationspflicht gilt für Verbraucherprodukte, die einer Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) in Frankreich unterliegen. Anders als in Deutschland deckt Frankreich bereits eine große Zahl von Produktbereichen über eigene Systeme der Erweiterte Herstellerverantwortung ab. Dies ist der Fall für Haushaltsverpackungen, Bekleidung/Haushaltstextilien/Schuhe, elektrische und elektronische Geräte, Batterien und Akkumulatoren, Druckerzeugnisse, chemische Produkte, Möbel und Einrichtungsgegenstände, Spielzeug, Sport- und Freizeitartikel, Heimwerker- und Gartenartikel sowie Produkte, die für das Bauwesen bestimmt sind. Second-Hand-Produkte sowie generalüberholte („refurbished“) Produkte sind von der Informationspflicht ausgenommen.

 

Wer ist von der Informationspflicht betroffen?

Die Umsatz- und Absatzschwellenwerte gelten kumulativ für alle Produkte, die unter einen EPR-Bereich in Frankreich fallen:

  • Ab dem 1. Januar 2023: 50 Mio. € Jahresumsatz, der kumulativ für alle betroffenen Waren im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt wurde und 25 000 kumulierte Einheiten aller betroffenen Produkte, die jährlich auf dem französischen Markt in Verkehr gebracht werden.
  • Ab dem 1. Januar 2024: 20 Mio. € Jahresumsatz, der kumulativ für alle betroffenen Waren im letzten Geschäftsjahr erzielt wurde und 10 000 kumulierte Einheiten aller betroffenen Produkte, die jährlich auf dem französischen Markt in Verkehr gebracht werden
  • Ab dem 1. Januar 2025: 10 Mio. € Jahresumsatz, der kumulativ für alle betroffenen Waren im letzten Geschäftsjahr erzielt wurde und 10 000 kumulierte Einheiten aller betroffenen Produkte, die jährlich auf dem französischen Markt in Verkehr gebracht werden

 

Wie erfolgt der Ausweis der Informationen?

Ab 2023 müssen Hersteller dem Verbraucher bei Kauf des Produktes Informationen über den Anteil an recyceltem Material, die Recyclingfähigkeit, das Vorhandensein von gefährlichen Stoffen, Edelmetallen oder seltenen Erden, die Kompostierbarkeit oder die Wiederverwendbarkeit des Produkts zur Verfügung stellen. Dies hat in digitaler Form und ohne zusätzliche Kosten für den Verbraucher zu geschehen und ist für jeden EPR-Bereich und jedes Produktmodell vorzunehmen.

Für Textilien sind zwei zusätzliche Informationen vorgeschrieben: die geografische Rückverfolgbarkeit der drei wichtigsten Herstellungsschritte (Weben/Stricken, Färben, Zusammensetzen/Ausrüstung) sowie ein Warnhinweis für überwiegend synthetische Textilien, die beim Waschen Mikroplastik emittieren.

Außerdem müssen Hersteller Informationen zu Gebührenminderungen oder -aufschlägen bereitstellen, die für jedes Produkt aufgrund seiner umweltfreundlichen oder umweltschädlichen Beschaffenheit anfallen.
 
Die Bereitstellung der Informationen erfolgt über ein Produktblatt zu den Umwelteigenschaften, das auf einer speziellen Internetseite oder der Homepage des Herstellers zur Verfügung gestellt wird und leicht zugänglich sein muss, z. B. mithilfe einer Suchmaschine. Diese Seite ist mit „fiche produit relative aux qualités ou caractéristiques environnementales“ zu benennen.

 

Pflicht zur Erstellung und Umsetzung eines Präventions- und Ökodesign-Plans

Frankreich hat eine Pflicht zur Erstellung und Umsetzung eines Präventions- und Ökodesign-Plans eingeführt (Loi AGEC). Ziele dieser Vorschrift:

  • Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen reduzieren
  • Verwendung von recyceltem Material erhöhen
  • Recyclingfähigkeit von Produkten, die in Frankreich verwertet werden, verbessern

Betroffen sind Unternehmen, die bei einem französischen Herstellerzusammenschluss registriert sind – z. B. weil sie über Online-Shops Waren an letzte Verbraucher abgeben. Im Laufe des Jahres 2023 müssen die betroffenen Unternehmen einen sog. “Präventionsplan” erstellen. Dieser Plan ist alle fünf Jahre zu überarbeiten. Darin müssen Ziele und Maßnahmen zur Abfallvermeidung und zum Ökodesign, die in den folgenden fünf Jahren umgesetzt werden sollen, aufgeführt werden. Weitere Informationen finden Sie auf den Websites der französischen Herstellerzusammenschlüsse (Rücknahmesysteme).

 

Beratung durch die Experten der AHK Frankreich

Der Bereich Umweltreporting & Compliance der AHK Frankreich hat umfassende Expertise zu den verschiedenen Bereichen der Erweiterten Herstellerverantwortung aufgebaut. Das Leistungsspektrum reicht von der Analyse und Auswahl geeigneter länderspezifischer Lizenzierungs- und Rücknahmesysteme über das Vertragsmanagement bis zum Reporting. Die AHK-Experten stehen zum Beratungssatz von 250 €/Std. für individuelle Beratungsgespräche zur Verfügung und unterstützen u. a. bei der Erstellung des Produktdatenblattes.

Verfügbare Termine und Buchungen über https://tinyurl.com/2r4zmfvz.

↘ Silvia Jungbauer, jungbauer@gesamtmasche.de

 

Die Abgabefrist für den Präventionsplan Textil bei ReFashion wurde auf den 15. September 2023 verlängert. Die ursprüngliche Frist war bereits am 31. Juli ausgelaufen. Die Abgabefrist für den Bereich Haushaltsverpackungen bei CITEO war der 15. Oktober 2023. 

Google Maps

Mit dem Laden der Karte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Google.
Mehr erfahren

Karte laden

digg-share facebook-share google-share linked-share my-space-share pinterest-share reddit-share stumble-upon-share twitter-share

X