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EU-Verordnung verbietet Produkte aus Zwangsarbeit

Eine neue EU-Verordnung verbietet den Verkauf und die Ausfuhr von Produkten aus Zwangsarbeit. Das Verbot ist richtig. Doch eine separate Verordnung neben der CSDDD verursacht unnötige Bürokratie.

Die neue EU Forced Labour Regulation (FLR) verbietet den Verkauf und die Ausfuhr von Produkten aus Zwangsarbeit. Keine Frage, Zwangsarbeit in der Lieferkette ist inakzeptabel. Dennoch ist es misslich, dass die EU neben der eben erst aufs Gleis gebrachten Lieferkettenrichtlinie CSDDD eine separate Verordnung dazu erlässt. Das schafft ohne Not zusätzliche Bürokratie in den Unternehmen und sorgt für den Aufbau einer weiteren teuren Behördenstruktur.

 

Auch KMU betroffen

Die FLR betrifft sämtliche Wirtschaftsakteure, unabhängig von ihrer Größe, Rechtsform oder dem Ort ihrer Produktion. Somit sind selbst Kleinstfirmen von den Bestimmungen erfasst und müssen entsprechende Sorgfalt nicht nur walten lassen, sondern im Ernstfall auch nachweisen können. Der Einigungstext umfasst auch den Onlinehandel.

 

Neue Behördenstrukturen und -befugnisse

Zur Überprüfung von Verdachtsfällen sollen die Mitgliedstaaten zuständige Behörden benennen bzw. einrichten. Die Bewertung erfolgt auf Basis verschiedener Informationsquellen, zu denen auch Meldungen aus der „Zivilgesellschaft“ gehören. Die FLR sieht zudem die Schaffung eines Unionsnetzwerks vor, das die Maßnahmen der nationalen Behörden und der Kommission koordiniert. Die Zollbehörden sollen die Durchsetzung der Ein- und Ausfuhrverbote an den EU-Außengrenzen überwachen. Ein beträchtlicher Teil der EU-Einfuhr wird über die großen Häfen in Belgien, Deutschland und den Niederlanden abgefertigt. Entsprechend dürften die neuen Aufgaben für den Zoll vor allem in diesen Ländern anfallen.

 

Nachweispflichten und öffentlicher Pranger

Überprüfungen folgen einem risikobasierten Ansatz, der das Ausmaß der vermuteten Zwangsarbeit sowie die Produktmenge und die Größe des Unternehmens berücksichtigt. Die EU-Kommission wird ein einheitliches Portal einrichten, das u. a. als zentrale Beschwerdestelle dienen soll. Bei einem vermuteten Risiko müssen Firmen innerhalb von 30 Tagen Maßnahmen nachweisen, mit denen sie das Risiko von Zwangsarbeit verhindern, mindern oder beseitigen. Wird eine Untersuchung eingeleitet, müssen Behörden innerhalb von neun Monaten eine Entscheidung vorlegen. Entscheidungen werden im Zwangsarbeitsportal öffentlich zugänglich gemacht.

 

Hochrisikosektoren und -regionen

Abgefedert werden die Nachweispflichten durch die Verpflichtung der EU-Kommission, in dem Portal zur besseren Orientierung der Firmen auch Informationen zu Risikoregionen sowie Leitlinien bereitzustellen, speziell auch für KMU. Zudem sollen sog. „Hochrisikosektoren“ im Portal bekanntgemacht werden. Ein delegierter Rechtsakt der Kommission wird noch die Liste von mutmaßlich risikobehafteten Produkten festlegen, für die den Zollbehörden bei der Einfuhr zusätzliche Informationen vorzulegen sind. Setzt die Kommission Textilwaren auf die Liste und legt China als Risikoregion fest, dann stehen viele Firmen der Branche unter ständigem Nachweisdruck.

 

Sanktionen

Wird ein Produkt verboten, gilt dies automatisch in allen EU-Mitgliedstaaten. Produkte sind dann vom EU-Markt zu nehmen, von Online-Plattformen zurückzuziehen und werden an den Grenzen beschlagnahmt. Solche Waren sind zu spenden, zu recyceln oder zu vernichten. Unternehmen, die der behördlichen Anordnung nicht nachkommen, müssen mit Geldstrafen rechnen. In besonders schweren Fällen mutmaßlicher Zwangsarbeit mit erheblicher Auswirkung auf den Binnenmarkt wird ein „Unionsinteresse“ unterstellt. Dann übernimmt die EU-Kommission selbst die Voruntersuchung.

 

 

Der Trilog-Text der FLR wurde im März vom Ausschuss der Ständigen Vertreter sowie von den zuständigen Parlamentsausschüssen angenommen. Deutschland hat sich bei AStV-Abstimmung enthalten. Am 24. April 2024 segnete das EU-Parlament die Verordnung im Plenum ab. Die FLR tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Sie gilt drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten in den Mitgliedstaaten, voraussichtlich im 2. oder 3. Quartal 2027.