2025 endet – und für viele Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie fühlt sich dieses Jahr wie eine Zäsur an. Die wirtschaftliche Stagnation hat sich verfestigt, strukturelle Schwächen sind offen zutage getreten. Fehlendes Wachstum ist längst kein abstrakter Begriff mehr, sondern spürbare Realität in Auftragsbüchern, Investitionsentscheidungen und Beschäftigung. Die jüngsten Analysen der INSM bringen es nüchtern auf den Punkt: Ohne Wachstum gibt es keinen Spielraum – weder für soziale Sicherung noch für ökologische Transformation. Gleichzeitig beschleunigt sich der Stellenabbau in der Industrie, leise, aber kontinuierlich.
Gerade unsere Branche steht exemplarisch für diese Entwicklung. Hohe Energiepreise, regulatorische Überforderung und ein global verzerrter Wettbewerb treffen auf kleinteilige, mittelständische Strukturen. Was früher als Stärke galt – Flexibilität, Spezialisierung, internationale Vernetzung – wird unter den aktuellen Rahmenbedingungen zunehmend zum Risiko. Deindustrialisierung ist kein Schlagwort mehr, sondern eine reale Gefahr, wenn Wertschöpfungsketten reißen oder Investitionen und Produktion dauerhaft ins Ausland verlagert werden.
„Wettbewerbsfähigkeit beginnt beim Standort. Wenn die Industrie überleben soll, brauchen wir sofortige und einschneidende Kurskorrekturen.“
Diese Ausgabe der masche zeigt, wie eng die Themen inzwischen miteinander verwoben sind: Energiepolitik entscheidet über Produktionsstandorte. Zollrecht und der Umgang mit Milliarden von Kleinsendungen bestimmen mit, ob fairer Wettbewerb überhaupt noch möglich ist. Die neue paneuropäische Freihandelszone eröffnet Chancen – aber nur für diejenigen, die ihre Lieferketten aktiv steuern. Und selbst dort, wo Brüssel mit dem Omnibus-I-Paket Entlastung verspricht, bleibt die Sorge vor nationalem Gold-Plating und neuer Unsicherheit.
Der Blick nach vorn darf dennoch nicht resigniert sein. Die Textil- und Bekleidungsindustrie hat in ihrer Geschichte bewiesen, dass sie sich anpassen kann – technologisch, organisatorisch und strategisch. Voraussetzung dafür sind jedoch verlässliche, realistische politische Rahmenbedingungen: bezahlbare Energie, durchsetzbares Recht, europäische Kohärenz statt nationaler Sonderwege. Wachstum entsteht nicht durch Wunschdenken, sondern durch Vertrauen, Planungssicherheit und ein Umfeld, in dem sich unternehmerischer Mut und Leistung lohnen.
Zum Jahresende ist daher auch ein Moment der Besinnung angebracht. Trotz aller Belastungen wird diese Branche von Menschen getragen, die Verantwortung übernehmen – für Unternehmen, für Beschäftigte, für Lieferketten, für ausgezeichnete Produkte. Das verdient hohe Anerkennung. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen besinnliche Feiertage, Zeit zum Innehalten und neue Kraft für das kommende Jahr. Möge 2026 mehr Klarheit bringen – und den politischen Willen, Industrie in Deutschland und Europa nicht weiter in Grund und Boden zu regulieren, sondern wieder zu ermöglichen.
