EU-Lieferkettenrichtlinie: Die mittelständische Textilbranche braucht einen echten Politikwechsel! Bild: © Romulo Tavani - shutterstock_1944566047

EU-Lieferkettenrichtlinie: Die mittelständische Textilbranche braucht einen echten Politikwechsel!

Mit der heutigen Abstimmung zum Lieferketten-Omnibus hat das EU-Parlament ein wichtiges Signal gesetzt. Doch das wird nicht reichen. Das Klein-Klein muss ein Ende haben.

Nach mehr als einem Jahr politischer Ankündigungen zum Bürokratieabbau – bislang jedoch ohne spürbare Entlastung in den Betrieben – sieht der Gesamtverband textil+mode in der heutigen Parlamentsabstimmung einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Tatsächlich kann der Omnibus besonders für die mittelständisch geprägte Maschenindustrie mit ihren vielen familiengeführte Unternehmen nur ein Anfang sein. Gerade in der textilen Kette trifft die Lieferkettengesetzgebung auf eine Branche, die global vernetzt und zugleich stark mittelständisch strukturiert ist: Von Strickereien und Veredlern bis hin zu hochspezialisierten Herstellern technischer Textilien arbeiten viele Unternehmen mit internationalen Partnern und müssen die wachsenden Anforderungen häufig mit sehr kleinen Teams stemmen.

Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer, Gesamtverband textil und mode. Bild: © Photothek

„Mittelstandsfreundlich ist die Richtlinie weiterhin nicht“

Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes textil+mode, betont:
„Die Richtung stimmt, dennoch bleibt die Lieferkettenrichtlinie nach der heutigen Abstimmung mittelstandsfeindlich. Textile Wertschöpfungsketten sind heutzutage weltweit verwoben, am Ende sind auch kleine Familienunternehmen faktisch von neuen Verpflichtungen und Haftungsrisiken betroffen. Wir brauchen deshalb endlich einen durchgreifenden Politikwechsel, der sich nicht mit Detailkorrekturen begnügt, sondern die Rahmenbedingungen für die Industrie am Standort EU und damit die Wettbewerbsfähigkeit fundamental verbessert. Es muss Schluss gemacht werden mit dem Klein-Klein unsinniger Regulierungen. Offenkundig hat Brüssel die Dramatik der wirtschaftlichen Situation immer noch nicht erfasst.“

GESAMTMASCHE: Entlastung notwendig – Nachhaltigkeit braucht pragmatische Rahmenbedingungen

GESAMTMASCHE mahnt seit langem an, dass die geplanten Korrekturen nicht ausreichen und ein grundsätzliches Umdenken erforderlich ist. Die Mitgliedsunternehmen investieren seit Jahren in nachhaltige Produktion, zirkuläre Materialien und transparente Lieferketten. Doch unverhältnismäßige Berichtspflichten und unklare Haftungsrisiken bedrohen Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit.

Silvia Jungbauer, GESAMTMASCHE; Bild: GESAMTMASCHE

„Aus unserer Sicht gilt: Nachhaltigkeit gelingt nur, wenn Unternehmen auch die Ressourcen haben, sie umzusetzen“, sagt Silvia Jungbauer, Hauptgeschäftsführerin von GESAMTMASCHE. „In den mittelständischen, meist familiengeführten Betrieben der Maschenindustrie arbeiten häufig kleine Teams mit flachen Hierarchien und hoher persönlicher Verantwortung. Neue Dokumentations- und Auditpflichten belasten dort nicht irgendeine Abteilung oder Stabstelle – sie treffen unmittelbar die Geschäftsführung und wenige Schlüsselpersonen.“ Besonders problematisch erscheint dabei die zunehmende Verschiebung regulatorischer Verantwortung von der Politik auf die Unternehmen:

  • Unklare Definitionen in der CSDDD,
  • komplexe Sorgfaltspflichten über mehrere Stufen,
  • Haftungsrisiken ohne realistisches Risikomanagement,
  • fehlende Entlastung für KMU, obwohl sie indirekt voll betroffen sind.

Damit entstehen Hürden, die gerade kleinere, familiengeführte Betriebe stärker treffen als große Konzerne, darunter vor allem auch Billiganbieter von Fast Fashion und Ultra Fast Fashion.

Omnibus-Paket I: Ein Schritt – aber bei weitem nicht ausreichend

Das Omnibus-Paket I gilt bislang als zentrales Instrument, um Überregulierungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) abzumildern. Beide Regelwerke führen heute zu einem bürokratischen Aufwand, der Mittelständler ebenso wie größere Unternehmen überfordert und Ressourcen bindet, die für Innovationen, Transformation und neue Investitionen dringend benötigt werden. Für GESAMTMASCHE ist klar: Eine nachhaltige Zukunft der Textilindustrie braucht Freiräume, keine Formularberge.

„Planungssicherheit statt Unsicherheit“ – Forderung nach raschen Verhandlungen

Uwe Mazura verdeutlicht: „Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit, praxistaugliche Regeln und eine Reduktion auf das Wesentliche statt weiterer Unsicherheiten. Die politischen Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament müssen deshalb jetzt zügig beginnen.“ Diese Forderung teilt auch Gesamtmasche: „Die Branche erwartet, dass die politischen Entscheidungsträger nun über Detailkorrekturen hinausgehen und Regelwerke so gestalten, dass europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb bestehen können.“

Was es aus Sicht der mittelständischen Textilindustrie jetzt braucht:

  • klare, handhabbare Vorgaben statt vager Pflichten,
  • echte Entlastungen für KMU,
  • Rechtssicherheit bei Lieferkettenanforderungen,
  • digitalisierte und vereinfachte Berichtspflichten,
  • politische Unterstützung für nachhaltige Transformation, nicht deren Erschwerung.