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Frachtraten ziehen weiter an

Die fortgesetzten Piratenangriffe im Roten Meer nötigen viele Carrier zu weiten Umwegen. Die Frachtpreise steigen, die Laufzeiten bleiben lang. In asiatischen Häfen gibt es erste Kapazitätsengpässe.

Textilbranche besonders betroffen

Gut 55 Prozent der deutschen Textil- und Bekleidungseinfuhr kommt aus Asien. Alleine China steht für ein Viertel der Branchenimporte. Längere Laufzeiten und höhere Preise für die Fracht sind angesichts vielfältiger anderer Kostensteigerungen und der aktuellen Konsumzurückhaltung für viele Firmen ein ernstzunehmendes Problem. Die Diversifizierung der Lieferketten wurde zwar einerseits angegangen, die Rückverlagerung nach Europa ist jedoch für viele Produktbereiche nicht ohne weiteres umsetzbar. Die aktuelle Lieferkettengesetzgebung bietet zudem Anreize, Lieferketten zu zentralisieren, um Bürokratie und Kontrollpflichten nicht ins Kraut schießen zu lassen. 

Gefahr trotz Militärschutz

Trotz des militärischen Schutzes durch Marineschiffe der USA und Großbritannien gehen die Angriffe der Huthi-Piraten im Roten Meer weiter. Die Mehrheit der Containerschiffe weicht daher auf andere Routen aus. Neben längeren dürften sich die Kosten weiter erhöhen: Während die Sicherheit weiter bedroht ist, zieht die Nachfrage aufgrund des bevorstehenden chinesischen Neujahrsfestes (LNY) an. Die Fahrpläne kommen durcheinander, Ankunft und somit auch die nächste Abfahrt werden durch Umwege verzögert. Schon jetzt kommt es dadurch zu Engpässen bei leeren Containern und zu Platzproblemen in einigen Häfen. Einige Carrier nehmen daher weitere Asien-Europa-Fahrten in ihre Fahrpläne auf, andere chartern – trotz des allgemeinen Flottenwachstums – zusätzliche Kapazitäten, um die länger gewordenen Routen zu bewältigen.

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Preise für Asien-Nordeuropa-Fracht seit November vervielfacht

Die Spotraten für Asien-Noreuropa-Fracht waren zum Wochende auf 4.757 US-Dollar pro FEU gestiegen. Die Tagesraten für die Route Asien – Mittelmeer waren am Montag um mehr als 1.000 US-Dollar auf etwa 6.700 US-Dollar pro FEU gestiegen, da Mitte Januar allgemeine Ratenerhöhungen (GRIs) eingeführt werden. Auch für Asien – Nordeuropa und Nordamerika dürften die Preise in dieser Woche spürbar anziehen. Der Preisdruck ist so hoch, dass auch bei langfristigen Verträgen mit Zuschlägen zu rechnen ist – oder damit, dass Container nicht rechtzeitig auf die Reise geschickt werden. Bei der Flugfracht haben einige Gesellschaften aufgrund der starken Marktbewegung die Aushandlung langfristiger Verträge Asien-Nordeuropa vorübergehend ausgesetzt.  

Aussichten

Durch den Nachfragedruck vor dem LNY dürften die Engpässe in den nächsten Wochen ihren Höhepunkt erreichen. Staus wie zu Pandemiezeiten erwarten Experten aufgrund verbesserter Routinen aber nicht. Die Preise dürften nach dem LNY wieder etwas sinken, bleiben aber erhöht, bis der Verkehr im Roten Meer wieder passieren kann. Auch bei der Luftfracht dürften die Raten nach LNY wieder nachgeben. Einige Sendungen werden derzeit von See- auf Luftfracht verlagert, um Verzögerungen vor den Feiertagen zu vermeiden. 

Langfristig werden externe Störungen in Kombination mit höheren Kosten auch langfristig zu längeren Transportzeiten und höheren Kosten führen, z. T. in Form von Zuschlägen, z. T. eingepreist in die Raten. Eine Rolle spielen dabei auch neue Klimaschutzabgaben und technische Verpflichtungen für internationale Transporte sowie Abgaben auf nationaler Ebene (siehe hierzu auch: Klimapolitik lässt Transportkosten steigen).