Hintergrund: Die Auswirkungen der US-Zölle
Die US-Regierung hat einen 50-prozentigen Zoll auf zahlreiche indische Exportwaren, darunter Textilien, verhängt. Das hat zu Auftragsverlusten und zur Neuverhandlung bestehender Verträge geführt. Insbesondere in der Strickerei-Hochburg Tiruppur hat sich die neue Zollbelastung der USA massiv auf den Export ausgewirkt. Mehrere Fabriken, die bislang hauptsächlich den US-Markt beliefert haben, die Produktion eingestellt. Mithilfe der Knits Campaign sollen sie nun ihre Märkte diversifizieren. Dabei werden 40 wichtige internationale Absatzmärkte ins Visier genommen, darunter traditionelle Destinationen wie Großbritannien, Japan und Deutschland, aber auch aufstrebende oder neue Märkte wie Südkorea und Australien.
„Gezieltes Marketing“
Die Knits Campaign zielt darauf ab, indische Textilien als nachhaltig und innovativ zu bewerben und alternative Märkte zu erschließen, um sich von den USA abzukoppeln. Um neue Käufer zu gewinnen, werden der Auftritt auf internationalen Messen sowie branchenspezifische Kampagnen unter dem Motto „Brand India“ stärker als bisher gefördert.
Drohende Handelsumlenkung
Durch die prohibitiv hohen Zölle der USA und die starke Abhängigkeit vieler indischer Exporteure vom US-Export entstehen kurzfristig hohe Überkapazitäten. Indische Waren dürften daher verstärkt und zu niedrigeren Preisen auf den EU-Markt drängen.
Freihandelsabkommen EU-Indien in Sicht?
Nachdem erste FTA-Gespräche 2013 nach sechs Jahren in Leere gelaufen waren, sitzen die EU und Indien seit 2022 erneut am Verhandlungstisch und wollen möglichst noch 2025 eine Einigung erzielen. Die EU erhofft sich durch ein FTA mit dem bevölkerungsreichsten Land der Erde eine Exportsteigerung um mehr als 50 Prozent. Für die indischen Exporte in die EU wird ein Wachstum von ca. einem Drittel prognostiziert – wobei hier die umlenkenden Effekte der US-Handelsbarrieren nicht einkalkuliert waren. Die europäischen Verhandlungsinteressen liegen massiv auf den Sektoren Automobil, Wein und Spirituosen, Dienstleistungen, öffentliche Aufträge und Investitionen. Das Indien ein offensives Interesse bei Textilien hat, liegt auf der Hand. Dabei ist es für den Textilgiganten einfacher als für viele andere Freihandelspartner, sogar strenge Ursprungsregeln zu erfüllen, da das Land traditionell über eine vollstufige textile Wertschöpfungskette verfügt.
Die EFTA-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen haben nach 16 Jahren Verhandlungen bereits im März 2024 ein Freihandelsabkommen mit Indien unterzeichnet. Der Ratifizierungsprozess ist abgeschlossen und das EFTA-Indien-Abkommen tritt am 1. Oktober 2025 in Kraft.