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Lieferkettengesetz: Massive Wettbewerbsverzerrung droht

Der Gesamtverband textil+mode kritisiert den vom Bundeskabinett gebilligten Gesetzentwurf zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes scharf. Statt seiner Abschaffung würde das LKSG verstärkt.

In seiner Pressemitteilung zum Kabinettsbeschluss vom 3. September 2025 kritisiert der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie kritisiert den vom Bundeskabinett gebilligten Gesetzentwurf zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) scharf. Denn die geplante Reform verfehlt aus Branchensicht das im Koalitionsvertrag zugesagte Ziel eines echten Bürokratieabbaus und verschärft die strukturelle Benachteiligung deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Der Gesamtverband vertritt rund 1 400 zumeist mittelständische Unternehmen der Branche.

Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband textil+mode; Bild: © Photothek

„Was die Bundesregierung hier vorlegt, ist pure Augenwischerei. Statt das Lieferkettengesetz wie versprochen abzuschaffen, wird es in seiner Wirkung sogar noch verstärkt. Die deutsche Textil- und Modeindustrie wird damit weiter belastet, während andere EU-Staaten durch das Omnibus-Verfahren deutlich bessergestellt werden. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die in Deutschland und Europa verantwortungsvoll wirtschaften.“

Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands textil+mode

 

Fragwürdige Verbändeanhörung: Stellungnahmefrist von wenigen Stunden

Besonders irritiert zeigt sich die Branche über die extrem kurze Frist zur Stellungnahme: Das BMAS hatte den Entwurf am Freitagmittag in die Verbändeanhörung gegeben – mit der Aufforderung, Rückmeldungen bis zum selben Tag Dienstschluss einzureichen. „Eine Frist von wenigen Stunden, zumal kurz vor Beginn des Wochenendes, ist nicht nur respektlos, sondern auch demokratisch mehr als fragwürdig“, so Mazura. „Man muss sich ernsthaft fragen, ob die Beteiligung der Wirtschaft unter solchen Bedingungen überhaupt gewünscht ist. Ein solches Verfahren ist eine Farce.“

Inhaltlich keine echte Entlastung

Die Abschaffung der Berichtspflichten gegenüber Behörden und Öffentlichkeit wird von der Branche als Scheinmaßnahme bewertet. Die Pflicht zur umfassenden internen Dokumentation bleibt bestehen – inklusive einer siebenjährigen Aufbewahrungspflicht. Die vom Bundesarbeitsministerium bezifferte Einsparung von Bürokratiekosten in Höhe von rund vier Millionen Euro hat mit den tatsächlichen Belastungen nicht annähernd etwas zu tun. In Wahrheit liegen die Kosten deutlich höher.

Besonders kritisch sieht die deutsche Textil- und Modeindustrie die neue EU-Zwangsarbeitsprodukte-Verordnung, die Unternehmen verpflichtet, bei Aufforderung innerhalb von 30 Tagen umfassend über ihre Lieferketten zu berichten – auch auf Basis nationaler Regelungen wie dem LkSG. Damit wird die vermeintliche Entlastung durch die Gesetzesänderung faktisch ausgehebelt. Auch die geplante Reduktion von Sanktionen bringt keine echte Verbesserung. Sanktionen bei Verstößen gegen zentrale Pflichten bleiben bestehen.

Forderung der Branche

Die deutsche Textil- und Modeindustrie fordert die Bundesregierung auf, endlich eine substanzielle Entbürokratisierung vorzulegen, die den Koalitionsvertrag erfüllt und ein europäisches Level-Playing-Field schafft. Uwe Mazura: „Wir brauchen keine Symbolpolitik, sondern faire Wettbewerbsbedingungen und praktikable Lösungen für verantwortungsvolle Lieferketten. Wie wollen wir eine Wirtschaftswende schaffen, wenn die Regierung schon an so einfachen Vorhaben, wie der Aussetzung des in der Wirkung völlig verfehlten Lieferkettengesetzes scheitert?“