US-Zölle verändern den Welthandel Bild: Public_Domain_Photography - pixabay.com

US-Zölle verändern den Welthandel

US-Präsident Donald Trump hat die Frist für seine angedrohten Zölle bis 1. August aufgeschoben. Der EU droht er mit Zusatzzöllen von 30 Prozent, sollten es bis dahin zu keinem „Deal“ kommen.

Der Handelsstreit geht in die nächste Runde

US-Präsident Donald Trump hat die Frist für seine angedrohten Zölle bis 1. August aufgeschoben. Der EU droht er mit Zusatzzöllen von 30 Prozent, sollten es bis dahin zu keinem „Deal“ kommen. Die Hoffnung auf eine pragmatische Lösung wächst. Doch eine Rückkehr zum Status quo ante ist unwahrscheinlich.

Schwierige Verhandlungsbedingungen

Mit seiner radikalen Zollpolitik will Donald Trump die Handelsbeziehungen der USA zu eigenen Gunsten gestalten. Vor allem für die internationale Autoindustrie, aber auch für andere Branchen, sollen die Zollmauern „Anreize“ für Investitionen am Standort USA schaffen. Im April hatte der US-Präsident mit Einläuten der „Zollpause“ 90 Handelsabkommen in 90 Tagen verlangt. Tatsächlich sind den USA bisher nur drei gelungen: mit Vietnam, China und dem Vereinigten Königreich. Drei Monate reichen schlichtweg nicht aus, um auch nur den Rahmen für so viele Abkommen festzuzurren.

Drohbriefe als Verhandlungsinstrument

Einstweilen hält Trump das Drohpotenzial von 30 statt 10 Prozent Basiszoll für die EU aufrecht –anderen Staaten droht er sogar noch mit höheren Zöllen. Während die betroffenen Länder auf Hochtouren daran arbeiten, die Gespräche abzuschließen, senden der US-Präsident und hochrangige Regierungsbeamte gemischte Signale hinsichtlich ihrer Flexibilität aus: Öffentlich mischen sich positive Signale zum Verhandlungsfortschritt mit Warnungen an „widerspenstige“ Länder, bei mangelndem Entgegenkommen werde man zu den exorbitanten „Liberation Day”-Zöllen zurückkehren müssen. Entsprechend wurde den vermeintlich Widerspenstigen, darunter auch die EU-Kommissionspräsidentin, in Briefform verdeutlicht, welche Linie von ihnen erwartet wird.

Mini-Deal statt Mega-Zölle?

EU-Handelskommissiar Sefcovic versucht seither, die amerikanische Regierung davon zu überzeugen, die EU-Länder mit Zöllen zu verschonen oder diese zumindest niedrig zu halten. Ein kleines, abgespecktes Abkommen könnte der EU und anderen Staaten helfen, hohe Zollsätze zu vermeiden. Allerdings dürften sich derartige Deals lediglich auf wenige wichtige Sektoren konzentrieren, insbesondere auf diejenigen, die traditionell Gegenstand von US-Handelsstreitigkeiten sind: Stahl und Aluminium, Autos, Chemie und Pharma. Ein Blick auf das jüngst geschlossene Abkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich zeigt, wie ein solcher Quick-Deal aussehen kann.

Was der Textilbranche im Rahmen eines solchen Deals passieren kann, ist voraussichtlich die Aufrechterhaltung des Flat-Tarifs von 10 Prozent, von Trump euphemistisch „Basiszoll“ genannt, der zusätzlich zu den üblichen Drittlandzöllen anfällt. Das dürfte den meisten anderen Sektoren genauso ergehen, sofern sie nicht im Kreuzfeuer der US-EU-Handelsstreitigkeiten stehen, wie z. B. Autos, Stahl, Agrargüter oder bestimmte Lebensmittel. Auch positive Ausnahmen dürfte es geben. Wie von GESAMTMASCHE lange vorgeschlagen, gibt es auch Gespräche über eine engere Abstimmung zur Handelspolitik gegenüber China. Auch bestimmte Lockerungen der EU-Politik gegenüber amerikanischen Firmen könnten zum Deal gehören.

 

Umlenkung von Handelsströmen

Viel diskutiert wird in der EU die Umlenkung internationaler Warenexporte, die vermehrt auf den europäischen Markt drängen könnten. Das betrifft insbesondere auch preisgünstige Fast Fashion und Ultra Fast Fashion, für die der US-Markt durch hohe Handelshürden unattraktiver geworden ist. Ob diese Effekte tatsächlich so eintreten, vor allem mit Blick auf die Online-Plattformen, ist noch fraglich. In den USA haben sie Stand heute bereits größere Marktanteile erobert als in der EU. Auch die Entwicklung ihrer Logistik ist bereits weiter fortgeschritten. Von einzelnen Päckchensendungen aus China schwenken die Billighändler zunehmend auf Verteilzentren im Inland um. Hier unterliegen sie denselben Bedingungen wie einheimische Importeure. In der EU ist bereits ähnliches zu beobachten. Festzustellen ist außerdem, dass die Zollpolitik Investitionsentscheidungen zumindest beschleunigt und die Abwanderung von Produktion – auch aus Deutschland – zur Folge hat.

 

↘ Silvia Jungbauer, jungbauer@gesamtmasche.de