Die Regelungen des europäischen Richtlinienvorschlags gehen deutlich über diejenigen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) hinaus.
Die EU-Richtlinie zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette soll Regeln und Pflichten für europäische Unternehmen aufstellen, damit sie ihre Lieferketten auf Menschenrechts-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelange prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, Verletzungen abstellen. Zu den Verschiebungen bei der Veröffentlichung kam es, nachdem der unabhängige Ausschuss für Regulierungskontrolle der EU die Folgenabschätzung der Richtlinie zwei Mal als unzureichend bewertet hat. Zum einen sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass europäische Unternehmen Menschenrechts-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelange in ihren Lieferketten derzeit unzureichend berücksichtigen. Zum anderen sei für KMU nicht dargelegt, dass diese ein substanzielles Risiko beim Thema Sorgfaltspflichtverletzung schaffen würden bzw. durch die Neuregulierung einen maßgeblichen Beitrag zu nachhaltigen Geschäftspraktiken in anderen Ländern leisten könnten.
Trotz dieser Bedenken zieht der Richtlinienvorschlag nunmehr den Kreis der direkt betroffenen Unternehmen deutlich weiter als das LkSG: Während das LkSG nur Unternehmen mit mind. 3.000 (ab 2024: 1.000) Arbeitnehmern verpflichtet, erfasst die Richtlinie:
Im Kern stimmen LkSG und Richtlinienvorschlag überein, wonach Unternehmen verpflichtet werden, bei sich selbst und in ihren Lieferketten laufend menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wozu ein Verhaltenskodex, Risikoanalysen und Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Feststellung, Vermeidung und Beendigung negativer Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt gehören, ebenso wie die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens und ein jährlich zu veröffentlichender Bericht der Unternehmen. Nach der Richtlinie soll die Sorgfaltspflicht allerdings entlang der gesamten Wertschöpfungskette bestehen, soweit die Geschäftsbeziehungen nicht nur kurzfristig oder unbedeutend sind – und dies nicht nur hinsichtlich der Zulieferer, sondern auch der Kunden!
Neben den verwaltungsrechtlichen Sanktionen sieht der Richtlinienentwurf im Gegensatz zum LkSG auch noch eine zivilrechtliche Haftung beim Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten vor. Damit werden direkte Ansprüche von Betroffenen gegen die sorgfaltspflichtigen Unternehmen auf Schadensersatz wegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in der Wertschöpfungskette geschaffen.
Dem Richtlinienentwurf müssen noch das Europäische Parlament als auch der Rat zustimmen, die noch entsprechende Änderungen vorschlagen können. Aktuell ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie mit einer Frist von zwei Jahren umzusetzen haben. Für die größeren Unternehmen soll sie mit Ablauf der Umsetzungsfrist gelten, für die kleineren Unternehmen in Risikobranchen erst zwei Jahre später.
Die durch die Richtlinie auferlegten Sorgfaltspflichten würden zu einer weiteren, über das LkSG hinausgehenden Bürokratisierung führen, die insbesondere vom Mittelstand kaum noch zu erfüllen ist. Zudem wird das in Aussicht gestellte einheitliche EU Level Playing Field durch die notwendigen verschiedenen Umsetzungsgesetze in den Mitgliedsstaaten durch eine Richtlinie wohl gerade nicht erreicht.
↘ Kai-Uwe Götz, goetz@gesamtmasche.de
Mit dem Laden der Karte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Google.
Mehr erfahren