Es hat gedauert, bis in Brüssel angekommen ist, dass die vielen Richtlinien und Verordnungen zur Umsetzung der Green-Deal-Strategie die Unternehmen überfordern. Doch jetzt werden immer mehr verabschiedete oder auch kurz vor der Verabschiedung stehende Regelungen hinterfragt.
Zuletzt betraf dies die Green Claims Directive (GCD). Diese Richtlinie soll den Verbraucher vor irreführenden Umweltaussagen schützen. Irreführende Umweltaussagen sind allerdings auch schon über die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, in Deutschland umgesetzt im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), verboten. Die GCD sollte aber darüberhinausgehend verpflichtende externe und umfangreiche Vorabprüfungen aller umweltbezogenen Aussagen vorsehen, bevor man mit solchen Umweltaussagen werblich nach außen tritt. Obwohl klar war, dass eine solche Regulierung die unternehmerische Kommunikationsfreiheit erheblich beeinträchtigt, die Werbung mit Umweltaussagen dadurch erheblich verteuert wird und auch der Markt die Zahl der hierfür notwendigen externen Prüfer gar nicht hergibt, sollte das Trilogverfahren am 23. Juni abgeschlossen werden. Tatsächlich hat die EU-Kommission jetzt kurz vorher am 20. Juni 2025 angekündigt, den Entwurf erstmal zurückzuziehen. Ein äußerst seltenes Vorgehen. Es scheint so, als dass es jetzt doch als notwendig angesehen wird, eine ordentliche und belastbare Folgenabschätzung (Impact Assessment) zur GCD zu machen, die bis heute noch nicht vorliegt. Hierauf hatten die Verbände im Vorfeld verstärkt hingewiesen. Auch Kai-Uwe Götz von der GESAMTMASCHE hatte bereits am 15. Mai 2024 im Rahmen eines mit Prof. Dr. René Repasi (MdEP), Binnenmarkt- und verbraucherpolitischer Sprecher der Europa-SPD, gemeinsam abgehaltenen IHK-Seminars diese Probleme angesprochen. Insbesondere bei kleinen Chargen von KMUs würden sich die zu erwartenden erheblichen Kosten für die externen Prüfer für Umweltaussagen schlichtweg nicht recnen.
Im Mittelpunkt steht allerdings das Omnibus-Paket 1 der EU-Kommission, welches nunmehr Vereinfachungen der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD), der Taxonomie-Verordnung (TAX-VO) und beim CO₂-Grenzausgleichssystem (CBAM) auf den Weg bringen soll. Der Rat hat am 23. Juni 2025 sein Verhandlungsmandat für die Trilogverhandlungen mit der Kommission und dem Europäischen Parlament (EP) zu diesem Paket festgelegt und will viele Erleichterungen mittragen.
Dem Kommissionsvorschlag folgend will auch der Rat insbesondere den Anwendungsbereich bei der CSRD auf 1 000 Beschäftigte erhöhen und sogar eine Umsatzschwelle von über 450 Mio. Euro einführen. Da die Beschäftigtenschwelle z.Z. bei 250 liegt, werden voraussichtlich viele KMU aus der Berichtspflicht rausfallen. Daneben sollen die Berichtspflichten auch reduziert und die sektorspezifischen Standards gestrichen werden.
Bei der CSDDD soll der Anwendungsbereich der Richtlinie nach Ansicht des Rates deutlich eingeschränkt werden und zukünftig nur für Unternehmen mit über 5 000 Beschäftigten und einem weltweiten jährlichen Nettoumsatz von mehr als 1,5 Mrd. Euro gelten. Dies geht sogar über die Position der Kommission hinaus, die nur eine Verschiebung des Anwendungsbeginns für Firmen mit mehr als 3 000 und 1 000 Beschäftigten vorgesehen hat. Wie durch die Kommission vorgeschlagen, will auch der Rat die Prüfung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf direkte Geschäftspartner (sog. Tier-1) beschränken und konkretisiert, dass diese Prüfung einem risikobasierten Ansatz folgen muss, der insbesondere Bereiche berücksichtigt, bei denen entsprechende Auswirkungen am wahrscheinlichsten sind. Eine entsprechende Überprüfung indirekter Geschäftspartner soll nur erfolgen, wenn objektive und überprüfbare Informationen vorliegen, die auf nachteilige Auswirkungen hindeuten. Der in der ursprünglichen CSDDD festgelegte Haftungstatbestand soll auch nach Auffassung des Rates gestrichen werden.
Als wesentlichste Vereinfachung der CBAM-Vorschriften schlägt die Kommission eine weiter gefasste De‑minimis-Ausnahmeregelung von den CBAM-Verpflichtungen vor, indem Einführer ausgenommen werden, die einen einzigen massenbasierten Schwellenwert von 50 Tonnen eingeführter Waren pro Einführer und pro Jahr nicht überschreiten. Dieser neue Schwellenwert würde die derzeit geltenden Bestimmungen der CBAM-Verordnung ersetzen, wonach nur Waren mit geringem Wert ausgenommen werden. Dies unterstützt auch der Rat in seiner Positionierung. Mit dem neuen Schwellenwert würden zahlreiche Unternehmen vom CBAM-Verfahren ausgenommen, aber gleichzeitig immer noch etwa 99 % der mit den eingeführten CBAM-Waren verbundenen grauen Emissionen abgedeckt sein.
Wann die Trilogverhandlungen beginnen können, hängt nun vom Europäischen Parlament ab. Der zuständige Rechtsausschuss muss zunächst seinen Bericht abschließen, was wohl erst im Oktober der Fall sein wird, sodass Trilogverhandlungen frühestens danach beginnen können.
Mit dem Omnibus-IV-Paket vom 21. Mai 2025 schlägt die Europäische Kommission weitere Maßnahmen zur spezifischen Entlastung des Mittelstands durch eine neu definierte Unternehmenskategorie „Small Mid Cap“ (SMC) vor. Unter die SMC-Kategorie sollen Unternehmen fallen, die weniger als 750 Mitarbeiter beschäftigen sowie entweder einen Jahresnettoumsatz von bis zu 150 Mio. EUR ODER eine Bilanzsumme von bis zu 129 Mio. EUR aufweisen. Die SMC-Unternehmen sollen zunächst bei acht EU-Rechtsakten entlastet werden, insbesondere auch der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Bei anderen Rechtsakten, wie der Entwaldungsverordnung (EUDR) ist zumindest geplant, durch die Änderung von Annex I einige Produkte aus dem Anwendungsbereich auszunehmen. Bei der Zwangsarbeitsverordnung (FLR) oder der Ökodesign-Verordnung (ESPR) sind zur Zeit noch keine Erleichterungen oder Vereinfachungen im Gespräch. Auch hier wären allerdings bürokratische Vereinfachungen angezeigt. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest die aktuell diskutierten delegierten Rechtsakte zur Offenlegung von Informationen über unverkaufte Verbraucherprodukte und die Ausnahmen vom Verbot der Vernichtung nach der ESPR bürokratiearm ausgestaltet werden.