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Bürokratie pur

Anfang Dezember haben die EU-Mitgliedstaaten den Vorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz angenommen. Die Pläne reichen noch deutlich weiter als das deutsche Gesetz.
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Anfang Dezember haben die EU-Mitgliedstaaten den Vorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz angenommen. Die Pläne reichen noch deutlich weiter als das deutsche Gesetz. Für die Überwachung von Lieferketten in puncto Menschenrechte und Umweltschutz soll es äußerst strenge Regeln geben.

LkSG trifft auch KMU

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Bereits das nationale Gesetz bereitet den betroffenen Unternehmen Kopfschmerzen – auch wenn oder gerade weil noch niemand vorhersagen kann, welche Auswirkungen die praktische Umsetzung genau haben wird. Das deutsche Gesetz gilt ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern. 2024 sinkt die Schwelle auf 1000 Beschäftigte. Doch kleinere Vorlieferanten sind nicht außen vor. Sie werden automatisch in die Pflicht genommen, sobald sie ihren größeren Abnehmern die  benötigten Informationen für deren Reporting liefern müssen.

Ministerrat will härtere EU-Regeln

Tatsächlich aber müssen sich deutsche Firmen darauf einstellen, bald noch viel härtere Auflagen zur Überwachung der Lieferketten erfüllen zu müssen. Der Ministerrat der EU-Mitgliedstaaten hat am 1. Dezember 2022 den Kommissionsvorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz angenommen, das stark über das deutsche hinausgeht. So sollen die EU-Regeln für alle Unternehmen gelten, die mehr als 500 Mitarbeiter haben und einen Jahresumsatz von 150 Millionen Euro erzielen. In so genannten Hochrisikosektoren, darunter die Agrarwirtschaft, die Rohstoffförderung und die Textilbranche, soll die Schwelle sogar nur bei 250 Mitarbeitern liegen.

Wichtige Anpassungen im Detail

Anders als im Kommissionsvorschlag will der Ministerrat nicht die gesamte Lieferkette in beide Richtungen abdecken. Dann hätten die Unternehmen auch prüfen müssen, ob ihre Abnehmer gegen Menschen- oder Umweltschutzrechte verstoßen. Das Abfallmanagement und das Recycling von Produkten unterliegt aber weiterhin den Regeln. Bei der Mitarbeiterschwelle hat sich der Ministerrat am Kommissionsvorschlag vom Februar 2022 orientiert. Neu ist eine Übergangsphase von drei Jahren, in der die Schwellenwerte doppelt so hoch liegen.

Weitere Verschärfung in der Diskussion

Geht es nach Lara Wolters, der im EU-Parlament federführend fürdas Gesetz zuständigen niederländischen Sozialdemokratin, sollen die Schwellen sogar noch weiter sinken – auf 250 Beschäftigte generell und nur 50 Mitarbeiter und einen Umsatz von 8 Millionen Euro in Sektoren mit erhöhtem Risiko von Verstößen. Ob Wolters für ihren weitgehenden Ansatz die nötige Unterstützung im Parlament hat, ist offen. Es soll seine Position im Frühjahr festlegen. In Kraft treten können die EU-Regeln jedoch erst, wenn sich die EU-Institutionen auf eine einheitliche Linie geeinigt haben.

Klagerecht besser kalkulierbar

Verstoßen Unternehmen gegen ihre Sorgfaltspflichten, können die Betroffenen sie vor EU-Gerichten auf Schadenersatz verklagen. Allerdings ist nicht vorgesehen, dass sie dazu Dritte wie etwa NGOs ermächtigen können. Genau dies verlangt aber das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vor. Die Bundesregierung konnte sich mit ihrer Forderung, die Regelung auch ins europäische Gesetz aufzunehmen, im Ministerrat nicht durchsetzen. Allerdings dringt sie darauf, das Thema in den abschließenden Verhandlungen mit dem Parlament nochmals zu diskutieren. Genauso verfuhr sie mit der deutschen Idee einer Safe-Harbour-Klausel, die vom Ministerrat keine Zustimmung erhielt. Damit könnte die Zertifizierung von Produkten und Lieferketten durch externe Prüfer vor Klagen schützen.