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„Wir stehen vor dem Burnout“

Ein Podiumsgespräch unter dem Motto „Wohlstand, Wachstum und Innovation“ wurde zur Plattform für den medienwirksamen Protest des textilen Mittelstandes.

Am 15. November 2022 lud das Mittelstandsnetzwerk RKW Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) und der Hechinger Initiative „Perspektiven zeigen – Bewegung für Gemeinwohl-Ökonomie“ zur Diskussion in die Albstädter Technologiewerkstatt ein. Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim BMWK und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung, war online zugeschaltet. Um die Vereinbarkeit von Wachstum und Wohlstand mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz sollte es gehen. Die Diskussion verlief etwas anders als von den Initiatoren geplant: Der textile Mittelstand der Region nutzte die Gelegenheit, BMWK-Staatssekretär Kellner mit heftigen Beschwerden über die Regulierungswut der Berliner und Brüsseler Politik zu konfrontieren.

Martina Bandte, Präsidentin Gesamtmasche, KARL CONZELMANN

„Überbordender Bürokratismus in Deutschland und auf EU-Ebene schnüren dem Mittelstand die Luft ab. Das erstickt jeglichen Handlungsspielraum und jegliche Kreativität.“

Textilunternehmer reden Klartext

„Wir stehen vor dem Burnout, nicht zuletzt durch die enorme Bürokratie“, mahnte Gesamtmasche-Präsidentin Martina Bandte. „Wir leiden immer noch beträchtlich unter Nachwirkungen der Pandemie und des Lockdowns. Aktuell werden die Reste unseres Eigenkapitals durch horrend steigende Energiepreise abgeschmolzen.“ Alleine in diesem Jahr werde sein Unternehmen mit vier Millionen Euro an Gaskosten konfrontiert, berichtet Christoph Larsén-Mattes, der in Meßstetten technische Textilien und Matratzenstoffe produziert. „Wie soll das ein mittelständisches Unternehmen überleben?“  

Jens Meiser, nopma / CARL MEISER

„Ich bin das Mittelstands-Bashing leid. Die wachsenden Dokumentationspflichten kann ein mittelständisches Unternehmen mit 50 Mitarbeitern weder erfüllen noch finanzieren.“

Debatte drinnen – Demo draußen

Der Unmut der Unternehmer wurde bereits vor der Veranstaltung deutlich: Neben dem Eingang der Technologiewerkstatt standen Protestschilder gegen den Bürokratiewahn, daneben waren Sargattrappen mit der Aufschrift „Der Mittelstand stirbt leise“ aufgestellt. Leise ging es allerdings nicht zu. Einige erboste Mittelständler hatten Rätschen und Trillerpfeifen mitgebracht. „Pietätlos“ fand das Katharina Reuter, Geschäftsführerin des BNW, da im Ahrtal Menschen „in echt“ an den Folgen mangelnden Klimaschutzes gestorben seien. Wenn der Mittelstand in Sachen Nachhaltigkeit zu passiv sei, gehe es halt nicht ohne Auflagen, Vorschriften und Sanktionen. Jens Meiser, Chef der familiengeführten Textilveredelung Carl Meiser, wies das klar zurück: „Die Regulierungswut der Politik legt einer prinzipiell innovativen Wirtschaft Fußfesseln an.“ Staatssekretär Kellner zeigte sich von den Appellen der Unternehmer beeindruckt und stellte ihnen in Aussicht, das Gespräch demnächst persönlich und nicht nur per Online-Schalte fortzusetzen. Diesen Faden nimmt Gesamtmasche gerne auf.